Montag, 28. Juli 2008

Filmrezension: Vanishing Point




Quentin Tarantino zitiert diesen Film in „Death Proof“ und wenn man beide Filme kennt, muss man sagen, er hat wirklich allen Grund dazu.
Die Handlung könnte simpler kaum sein. Ex-Rennfahrer Kowalski wettet mit einem Kollegen, dass er es schafft eine Dodge Challenger innerhalb von etwa zwei Tagen an ihren Bestimmungsort zu bringen. Unmöglich bei Einhaltung der Geschwindigkeitsbeschränkungen, aber das hat er auch nicht vor. Unterstützung bei seinem Unterfangen findet er in der Bevölkerung und bei einem Radiomoderator. So wird er im Verlauf des Films für viele ein Held, da er der Polizei immer wieder entkommt und seinen Traum von Freiheit lebt.
Der Film konnte mich dabei mit einem sehr direkten Einstieg begeistern. Entgegen anderen Filmen aus den 70er Jahren gibt es hier kaum Vorgeschichte, sondern man wird mitten ins Geschehen geworfen. Zunächst weiß man weder genau wer der Hauptcharakter ist noch weswegen er dies überhaupt macht.

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Die Dodge Challenger unterwegs quer durch Amerika.

Auf diese Art kommt auch immer wieder etwas Handlung in die Geschichte, denn zwischen den Verfolgungsjagden gibt es oft kurze Rückblenden in Kowalskis Vergangenheit, die Stück für Stück seine Motive erklären. Diese schmiegen sich dabei sehr gut ein. Die Bilder des Films werden immer ein wenig trist, ehe ein Rückblick kommt. Somit wird auch der Zuseher in einen tagtraumähnlichen Zustand versetzt, wodurch die Rückblende natürlicher wirkt.
Selbstverständlich kann man das Interesse des Zusehers nicht alleine durch Rückblenden gewinnen und deswegen trifft Kowalski auf seiner Fahrt auch auf Vertreter vieler, weniger respektierter, Volksgruppen. Unter anderem zwei Hippies, die ihm bereitwillig helfen, einen alten Einsiedler und auch ein Schwulenpärchen. Diese kommen zwar nur kurz vor, wirken aber allesamt durchaus authentisch und dienen jetzt noch als interessante „Sozialstudien“ ihrer Zeit. Beziehungsweise zeigt sich dadurch auch, dass sich in den letzten Jahrzehnten vielleicht weit weniger verändert hat, als man gerne glauben möchte.
Aber die Idee des Films war natürlich – und ich zitiere hier die BMW Werbung – Freude am Fahren. Es macht einfach Spaß zuzusehen, wie ein amerikanischer Muscle Car – in diesem Fall eine Dodge Challenger – mit überhöhter Geschwindigkeit um Kurven driftet, Polizeiautos ausweicht und abhängt und sich zwischendurch mit anderen Autos Rennen liefert oder abseits der Straße ihr Glück versucht. Damals war auch wirklich noch alles echt an Unfällen und Sprüngen - in einer Zeit vor den Computereffekten. Dies macht auch einen Teil der Faszination aus. Es gibt nämlich wirklich jemanden, der so wahnsinnig auf einer echten Straße mit einem echten Auto gefahren ist. Dazu das wütende Brummen des Motors, die grobe, bullige Karosserie und ein emotionslos kalkulierender Fahrer geben dem Film das Flair, dass man gerne selbst dort am Steuer wäre, obschon man viel Freude hat, nur zusehen zu dürfen.
Interessant ist dabei allerdings, dass der Film recht actionlastig beginnt, eine Verfolgung an die andere reiht und einem so Zeit gibt, sich mit der Idee, der Zeit und den Personen zu identifizieren. Stückweise verlagert der Film dann seinen Schwerpunkt in den Zeitgeist der 70er, die Frage nach Selbstverwirklichung, verschiedene Gesellschaftsschichten und Probleme wie zum Beispiel Rassismus. Diese werden dabei an einzelnen konkreten Beispielen kurz und eindrücklich behandelt. Der Film idealisiert dabei nicht und moralisiert genauso wenig, sondern belässt es bei einer Aussage und gibt dem Zuschauer die Möglichkeit zu einer Meinung.


Eine Sekte bei der Messe. Kowalski trifft dauernd auf so komische Leute

Hinzu kommt noch der Radiomoderator, welcher als eine Art Prophet oder spirituellen Führer angesehen werden kann. Er leitet Kowalski und je mehr dieser auf ihn hört umso weniger gerät er auch in Verfolgungsjagden.
Dieser interpretiert dabei Kowalskis Fahrt als Protest gegen Ungerechtigkeit und Polizeiwillkür und ebenso als einen großen Akt eines letzten Freiheitskämpfers, der sich nicht in ein System zwängen lässt.
Dazu lässt er auch immer wieder Musik spielen, die die Stimmung welche auf der Straße oder im Auto herrscht, untermalt. Diese war zwar großteils nicht ganz mein Geschmack, passt aber gut zum Film und ist ein wichtiger Bestandteil seiner Identität.
Insgesamt ist das wohl auch das Interessante daran, vom Hauptdarsteller über die Nebendarsteller bis zum Auto selbst. Alles hat Charakter. Eine Stärke des Films ist damit verbunden, dass er sich nicht bemüht zeitlos zu sein, sondern ganz deutlich die damalige Zeit portraitiert.
Trotz des vielen Lobs, schwächelt er aber in allen Belangen etwas. Dadurch, dass man so viele Charaktere hineingepackt hat, muss man insgesamt überall kleine Abstriche machen. Diese Fallen zwar nicht ins Gewicht, aber dennoch bleibt ein etwas flaues Gefühl, warum man zum Beispiel über einzelne Charaktere nicht ein bisschen mehr erfahren hat.


... und auf Wiedersehen!

Fazit: Interessante Charaktere, ein tolles Auto und gute Kamerafahrten. Wer Freude an den Replays im Driver-Spiel hatte, wird sehr viel Freude an diesem Film haben.


7/10

-> IMDb

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